News

NRW: „Klimaneutrales Industrieland!“ - und das Wohnen?

Im Überblick: Die wohnungspolitischen Inhalte des ersten schwarz-grünen Koalitionsvertrages in Nordrhein-Westfalen für den Bereich Bauen und Wohnen.

Nach dem klaren Wahlsieg vom 15. Mai 2022 und den anschließenden Koalitionsverhandlungen zwischen den nordrhein-westfälischen Landesverbänden von CDU und Bündnis 90/Die Grünen, wählte der nordrhein-westfälische Landtag Hendrik Wüst am 28. Juni 2022 zum Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen. Für Hendrik Wüst beginnt die zweite Amtszeit als Ministerpräsident; erstmals gewählt worden war er – als zwölfter Amtsträger des Landes Nordrhein-Westfalen – am 27. Oktober 2021. Am 29. Juni 2022 schließlich ernannte der Ministerpräsident im K21 Ständehaus in Düsseldorf seine Ministerinnen und Minister. Anschließend wurde auch das Kabinett im Landtag vereidigt. Im für die sozial orientierte Wohnungswirtschaft besonders relevanten und neu zugeschnittenen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBD NRW) herrscht personelle Kontinuität: Ina Scharrenbach, die bereits in der letzten Legislaturperiode den Bereich Bauen und Wohnen in ihrem Ressort verantwortete, wurde erneut als Ministerin vereidigt und erhält zusätzlich noch das Sachgebiet „Digitalisierung“.

Die erstmalige Bildung einer schwarz-grünen Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen führte auch zur Adaption des auf Bundesebene etablierten Ministeriums für die Bereiche Wirtschaft und Klimaschutz: Mona Neubaur, die im Wahlkampf als Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin der NRW-Grünen mit 17,8 Prozent das stärkste Wahlergebnis der Parteigeschichte in Nordrhein-Westfalen erreichen konnte, wurde als Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen vereidigt – die Parallelen zum von Bundesminister Robert Habeck geführten Bundesministerium sind groß.

Klimaschutz im Mittelpunkt politischer Entscheidungen

Schon der erste Blick in den Koalitionsvertrag für die nächste Legislaturperiode (2022-2027), der den Titel „Zukunftsvertrag“ trägt, offenbart, dass dem Klimaschutz und der Transformation Nordrhein-Westfalens zum „klimaneutralen Industrieland“ ein besonderer Stellenwert zukommt. Dazu äußerte sich Ministerpräsident Hendrik Wüst nach seiner Vereidigung: „Der Schutz unseres Klimas und die Bewahrung der Schöpfung sind die größten Aufgaben unserer Zeit. Klimaschutz, erfolgreicher Artenschutz gelingt, wenn wir gleichzeitig die sozialen Errungenschaften unseres Gemeinwesens garantieren: unseren Wohlstand, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit. Wir müssen den Menschen Sicherheit geben, damit die Transformation zur klimaneutralen Gesellschaft gelingt. Meine Landesregierung wird bei allen notwendigen Anstrengungen immer auch das Soziale mitdenken. Der Satz von Karl Arnold gilt auch in diesen Zeiten: Nordrhein-Westfalen will und wird das soziale Gewissen der Bundesrepublik sein. Wir werden den Schutz des Klimas mit Industrie, ihren guten Arbeitsplätzen und sozialer Sicherheit versöhnen. Ich bin zuversichtlich: Gemeinsam schaffen wir ein nachhaltiges Land, eine lebenswerte, sichere, soziale Heimat. Das ist das Erbe, das ich unseren Kindern und Enkeln hinterlassen möchte.“

Was bedeutet das für den Bereich Bauen und Wohnen? Angesichts der krisenhaften Entwicklungen um historisch gestiegene Baukosten, den abrupten Stopp der BEG-Förderung, dem Fachkräftemangel und gestörten Lieferketten bei Baustoffen stehen viele Wohnungsunternehmen und -genossenschaften vor großen Herausforderungen bei der Schaffung und Modernisierung von bezahlbarem und zukunftsfähigem Wohnraum, während gleichzeitig vor allem einkommensschwache Haushalte mit Sorge auf explodierende Heizkostenpreise blicken. Es verzahnen sich sowohl kurz-, als auch mittel- und langfristig strukturelle Herausforderungen im bereich Bauen und Wohnen. Wie plant die schwarz-grüne Landesregierung eine gesellschaftlich akzeptierte Gestaltung der Wohn- und Lebenssituation der Menschen in Nordrhein-Westfalen?

Bauen und Wohnen im „Zukunftsvertrag“ der schwarz-grünen Koalition

Für den Bereich Wohnen deutet sich eine grundsätzliche strukturelle Kontinuität an. Folgende Ansätze trifft der Koalitionsvertrag in diesem Politikfeld:

Klimaschutz

  • Klimacheck für Förderprogramme
  • Klimaschutz als Grundlage der Finanzpolitik
  • Schrittweise Einführung einer Solarpflicht auf Dächern: Auf öffentlichen Gebäuden ab 2023, auf privaten Neubauten ab 2025, ab 2026 im Bestand (Ausnahme bei Unwirtschaftlichkeit)

Kommunen

  • Verpflichtende Einführung von kommunalen Wärmeplanungen als Investitionsgrundlage ab 2023

Bauen

  • Weiterer Roll-Out von 3D-Druck und Building Information Modelling (BIM)
  • Angleichung Landesbauordnung an Musterbauordnung
  • Neues Gutachten für den Bedarf von rollstuhlgerechtem Bauen
  • Fortsetzung Baukostensenkungskommission
  • Gründung der “Koalition für Holzbau“
  • Ausbau der Förderung von Dach- und Fassadenbegrünung und Landesinitiative „Nachhaltiges Grün in der Stadt“
  • Förderung von CO2-Effizientem Bauen und Einführung des digitalen Gebäude-CO2-Pass (Modellprojekt)
  • Grundlagen für Kreislaufwirtschaft im Hochbau

Wohnen

  • Aufnahme des Rechts auf Wohnen in die Landesverfassung
  • Mehr Mittel für die Modernisierungsförderung
  • Fortsetzung der Wohnraumförderung mindestens auf dem aktuellen Niveau für die gesamt Legislatur
  • Quartiersansatz bei der energetischen Betrachtung
  • Digitalisierung der Förderanträge
  • 45.000 mietpreisgebundene Wohnungen bis 2027
  • Weiterentwicklung der Eigentumsförderung und Stärkung von „Jung kauft Alt“
  • Prüfung Mietkaufmodell
  • Weiterentwicklung Ankauf von Belegrechten
  • Neuaufstellung der Wohnraumförderung im Sinne der Zielerreichung und Beseitigung der Hemmnisse für mehr preisgedämpftes Wohnen; Prüfung einer dritten Fördersäule
  • Förderung und Beratung bei Neugründung von kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen; Prüfung der Anpassung der Einkommensgrenzen für Neugründung von Genossenschaften
  • Fortführung der Allianz für mehr Wohnungsbau und Tag der Wohnraumförderung
  • Neues Grundlagengutachten für Mieterschutzverordnung; Ausweitung Kündigungssperrfrist von fünf auf acht Jahre; Überarbeitung des Wohnraumstärkungsgesetzes und Reduzierung der Kurzzeitvermietung auf acht Wochen

Stadtentwicklung

  • Initiative zur präventiven Ausrichtung der Städtebauförderung
  • Projektgruppe Schrottimmobilien soll fortgesetzt werden
  • Zusätzliche Fördermittel für die IGA 2027
  • Beendigung des Höchstbieterprinzips bei landeseigenen Grundstücken und Überarbeitung der Landesgesetzgebung zur Stärkung einer kommunalen vorsorgenden Bodenpolitik
  • Vergabe von Landesgrundstücken nach Konzept und vorrangig über Erbpacht
  • Umsetzung Baulandmobilisierungsgesetz
  • Prüfung revolvierender Bodenfonds mit Kommunen
Katrin Stamm
Katrin Stamm
Abteilungsleitung Interessenvertretung, Verbandskommunikation, Marketing und Neue Mobilität
Tel.: 0211 16998-94
mehr